Fair-PlayZugegeben, die Schlagzeilen am vergangenen Wochenende machten andere. Die Bayern, die in Wolfsburg innerhalb von 17 Minuten aus einem 1:1 ein 1:6 machten. Deren Sportdirektor Matthias Sammer, der es wagte, die Frage zu stellen, ob man andernorts auch so akribisch und konzentriert arbeite. Oder der Freiburger Trainer Christian Streich, der nach dem Spiel gegen Dortmund eine Verschwörung gegen sich und seine Spieler witterte. Doch die bemerkenswertesten Erweise mentaler Stärke lieferten der Nürnberger Hiroshi Kiyotake und der Kapitän des SV Werder Bremen, Aaron Hunt.

Beide korrigierten Schiedsrichterentscheidungen, von denen sie bzw. ihre Mannschaften profitiert hätten, die sie aber für falsch hielten. Während Kiyotake in der ersten Halbzeit auf einen Eckball verzichtete,  wies Hunt den Schiedsrichter nach einem Elfmeterpfiff darauf hin, dass er ohne Einwirkung des Gegners gefallen sei. Der Referee nahm daraufhin die Elfmeterentscheidung zurück.

Gerade auch für solches Fairplay benötigen Sportler eine große Portion an mentaler Stärke. Denn eines müssen sie sich bewusst sein: sie mögen zwar einen gewissen Applaus von der Öffentlichkeit bekommen, sie können aber keinesfalls damit rechnen, dass ihre Mitspieler und auch ihre Trainer, das genauso gut finden. Insbesondere  wenn die Situation spielentscheidend ist, muss er mit erheblichem Gegenwind aus den eigenen Reihen rechnen.

Allerdings wirkt die ganze Geschichte auch anders herum. Wer in solchen Situationen seine Werte konsequent lebt und durchsetzt, wird auch bei anderen Schwierigkeiten im Training und Wettkampf auf eine mentale Stärke zurückgreifen können, die demjenigen der seine Werte weniger klar hat, eben auch weniger zur Verfügung steht. Aus diesem Grund sind Leute wie Kiyotake und Hunt nicht „nur“ moralische Vorbilder, sondern auch Sportler, die mit ihrer inneren Kraft vorangehen. Wenn Sie die am Samstag gezeigte mentale Stärke nicht nur eine einmalige Geschichte war und sie die damit verbundene Werteorientierung auch weiterhin leben, werden sie in Zukunft mit einer deutlich erhöhten Wahrscheinlichkeit auch in sportlich schwierigen Zeiten Spitzenleistungen abrufen können.

Markus Frey
stressfrey(at)gmail.com