„Große Männer machen große Fehler“ meinte vor vielen Jahren mal ein älterer Freund zu mir, als mich die Frage umtrieb, warum gerade Leute, die in einem bestimmten Bereich Großartiges geleistet haben, in anderen Bereichen so krachend gescheitert sind. Er meinte damit, dass für diese Menschen i.d.R. nicht nur die Erfolge, sondern auch die Versuchungen größer sind. Dieses Gespräch ist etwa ein Vierteljahrhundert her, aber gerade in den Tagen von Uli Hoeneß‘ Gerichtsverfahren wurde ich wieder häufiger daran erinnert.
Versuchungen
Eines müssen wir uns alle bewusst sein. Je größer der äußere Erfolg wird, desto größer werden die Versuchungen. Die Versuchungen, in einer Art zu handeln, die unseren Werten „eigentlich“ entgegenstehen. Diese Versuchungen können finanzieller Natur sein wie bei Uli Hoeness, aber auch in vielen anderen Formen auftreten. Ihnen widerstehen zu können, ist vielleicht die größte Herausforderung für unsere mentale Stärke überhaupt.
Was stark macht gegenüber den Versuchungen
Jeder hat wohl schon entgegen seinen eigenen Werten gehandelt und wir tun alle gut daran, weder über Uli Hoeneß, noch sonst jemanden den Stab zu brechen, der dies in einer größeren öffentlichen Sichtbarkeit getan hat als andere. Eine viel bessere Reaktion wäre, sich darüber intensive Gedanken zu machen, wie wir gegenüber Versuchungen jeglicher Art zwar nicht gerade immun werden (das wäre eine Selbstüberschätzung!), aber doch immerhin die Gefahr minimieren können.
Ein sehr wesentlicher Faktor sind dabei die Freunde, die man sich aussucht, denn ihre Werte werden auf Dauer i.d.R. auch unsere Werte. Und dann natürlich auch die Werte selbst. Nach welchen willst du dich richten? Wenn es zum Beispiel „Siegen um jeden Preis“ ist, wirst du der Versuchung Doping oder anderen Mogeleien kaum widerstehen können.
Dies mag ein extremes Beispiel sein, das du auch sofort zurückweist. Aber was sind dann deine wichtigsten Werte? Hast du sie klar? Bei vielen ist dies nicht der Fall und deshalb können sie bei den Versuchungen auch nicht entsprechend gegenhalten. „Das habe ich doch gar nicht gewollt“ hört man sie dann sagen… leider erst wenn etwas äußerst Unangenehmes geschehen ist.
Eine kleine Übung…
… die uns helfen kann ist, wenn du dir mal vorstellst, wie du am Tag deines Rücktritts auf deine Karriere zurückblicken willst. Sei möglichst präzise und schreibe es auf! Nicht nur die Erfolge, die du erringen willst. Schreibe auch auf, wie du mit Verletzungen, Niederlagen und Enttäuschungen umgegangen sein willst und, wenn du eine Karriere im Profisport anstrebst oder lebst, wie du dein Geld eingesetzt hast, für welche Werte du bei Fans, Mitspielern und Trainern stehen willst usw.
Dies alles entscheidet sich nicht erst an deinem letzten Tag als Wettkampfsportler. Diese Übung kann dir aber eine gute Hilfe, eine Art Kompass sein für die individuelle Ausgestaltung deines Lebens als Spitzensportler. Ein Leben im Einklang mit deinen ganz persönlichen Werten. Auch das ist ein wichtiger Mosaikstein für eine große mentale Stärke, die dir in guten wie auch in schwierigen Zeiten zur Verfügung stehen soll.
Mit sportlichem Gruß,
Markus Frey
stressfrey(at)gmail.com
Hinterlasse einen Kommentar