An einer Stelle, die mit Religion höchstens indirekt zu tun hat, ist mir der Apostel Paulus aus dem Neuen Testament ein Riesenvorbild. In seinem Brief an die Gemeinde in Philippi, einer Handelsstadt im heutigen Griechenland, schreibt er:

Ob ich nun wenig oder viel habe, beides ist mir durchaus vertraut, und so kann ich mit beidem fertigwerden: ich kann satt sein und hungern; ich kann Mangel leiden und Überfluss haben.*

Die Aussage ist vor allem ein starkes Zeugnis innerer Unabhängigkeit. Ich denke, es ist uns allen klar, dass solch eine Unabhängigkeit auch eine Souveränität in Krisenzeiten verleiht, die enorm hilfreich ist, wenn es darum geht, solche Krisenzeiten zu durchstehen.

Die Frage, die sich einem dabei unweigerlich stellt, ist die, ob ich mich in dem, was ich tue, nicht umgekehrt immer wieder viel zu abhängig mache. Das gilt nicht nur in materiellen Dingen. Auch die Abhängigkeit vom Beifall anderer, von äußeren Zeichen des Erfolgs etc. ist ja weit verbreitet. Das ist für mich gar nicht so sehr ein moralisches Problem. Ich finde es völlig ok, nach materiellen Gütern und der Anerkennung der Menschen zu streben, bis zu einem gewissen Grad tue ich das auch. Ich stelle nur fest, dass sehr viele Menschen nicht nur danach streben, sondern eben innerlich davon abhängig sind. Und diese Abhängigkeiten verursachen auch eine Menge Stress und machen viele Leute krank. So sehe ich das obige Bibelzitat vor allem als Herausforderung und Tipp für eine höhere Souveränität und eine bessere Gesundheit im Alltag.

Markus Frey
stressfrey@gmail.com

 

*Philipper 4, 12 nach der Übersetzung „Hoffnung für alle“, 1986