frustrated business womanDass Karl-Theodor zu Guttenberg in seiner Dissertation Fehler gemacht hat, ist keine Frage. Wären sie schon von den Korrekturlesern entdeckt worden, wäre das Verdikt wohl kaum „summa cum laude“ ausgefallen. Das was bis jetzt rausgekommen ist, ist sicher keine Bagatelle mehr und es muss von den Verantwortlichen der Uni Bayreuth gut geprüft werden, ob es noch reicht, nachzubessern oder ob tatsächlich der Doktortitel aberkannt werden muss.

 

Umgang der Öffentlichkeit mit dem „Fall zu Guttenberg“

Eine andere Frage ist der ganze Umgang der Öffentlichkeit und insbesondere der Medien mit dem Vorgang. Schon nach den ersten Meldungen wurde der Verteidigungsminister in einer Weise geschmäht und verunglimpft, die paradoxerweise diejenigen, die diese ausgesprochen haben für jedes moralische Urteil disqualifiziert.

 

Konsequentes „Fertig-machen“

Wie gesagt, es geht nicht darum, dass zu Guttenbergs Tun und Lassen nicht kritikwürdig wäre. Das ist es zweifellos.  Es geht darum, dass er nun mit Begriffen („Mogel-Baron“), Vergleichen („Felix Krull“*) und vor allem dem Absprechen jeglicher moralischen Integrität offenbar so konsequent fertig gemacht werden soll, dass die Übernahme einer öffentlichen Verantwortung für alle Zukunft so schwer wie nur irgend möglich wird.

 

Symptomatisch für den Umgang mit „Gescheiterten“

Ich weiß, dass Karl-Theodor zu Guttenberg wahrhaftig nicht der erste ist, dem es so geht. Ich weiß auch, dass es in allen Parteien zuweilen wenig Zurückhaltung gibt, wenn es darum geht, den politischen Gegner zu verunglimpfen und zu diffamieren. Und vor allem weiß ich auch, dass das, was derzeit gerade mit dem deutschen Verteidigungsminister auf der großen medialen Bühne passiert, auch mit vielen anderen in ihrer mehr oder weniger großen oder kleinen „Welt“ passiert. Leute, die irgendwo, ob in der Wirtschaft, im Sport, eben in der Politik oder auch im Freizeitbereich gescheitert sind, werden für ihre Fehler allzu oft so fertig gemacht, dass sie eine möglichst lange Zeit nicht mehr aufstehen. So ist es kein Wunder, dass die meisten das Motto „Wer wagt, gewinnt“ schon längst entsorgt haben gegen ein „Bloß keinen Fehler machen“. Die Angst regiert. Nicht nur im Alltag der kleinen Leute, sondern allzu oft auch in den Entscheidungszentren von Politik und Wirtschaft.

 

Konsequenz: die Volkskrankheit der Angst, einen Fehler zu machen

Diese weitverbreitete Fehler(un)kultur  führt nicht nur dazu, dass es oft nicht die falschen, sondern die nicht getroffenen Entscheidungen sind, die unsere Probleme verursachen. Sie ist auch ein sehr wesentlicher Aspekt, wenn wir verstehen wollen, warum nicht „nur“ das Mobbing-Virus, sondern beispielsweise auch ein Krankheitsbild wie das Burnout-Syndrom sich in den letzten Jahren so epidemisch verbreitet hat, wie es das tat. Wer stets (oft berechtigte!) Angst davor hat, Fehler zu machen, weil er in solch einem Fall „erledigt“ ist, der ist nur schwer bis gar nicht mehr in der Lage mutige Entscheidungen zu treffen. Und die Angst vor Entscheidungen (sowohl im beruflichen wie auch im persönlichen Bereich) ist auch einer der größten Stressfaktoren überhaupt und verhindert außerdem auch oft eine schnellere Überwindung des Burnout-Syndroms.

 

Ich habe einen Traum…

Ich habe einen Traum. Einen Traum von einer Welt, in der es möglich ist, auch nach Fehlern die Würde und das Gesicht zu wahren, den Fehler zu bekennen, (wenn möglich) zu beheben und dann aufrechten Ganges weiter zu gehen. Träumen Sie mit? Nicht im Wolkenkuckucksheim, sondern ganz praktisch in Ihrem je persönlichen Alltag? Ich würde mich freuen.

Markus Frey, Life-Coach
frey(at)stressfrey.de

 

*Felix Krull aus Thomas Manns (unvollendet gebliebenem) Roman „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ ist ein Symbol für ein ausschließlich auf Lug und Betrug aufgebautes Leben.