Wirklich überraschend waren die Ergebnisse nicht, die der ehemalige IT-Manager Tim Sturm im Rahmen einer Studie an Donau-Universität Krems vorgelegt hat. Bei Stichworten wie „Stress am Arbeitsplatz“ wird die IT-Branche seit Jahren immer wieder genannt und dass ihre Fach- und Führungskräfte einer starken Burnoutgefährdung ausgesetzt sind, ist auch keine neue Erkenntnis. Überrascht hat allerdings das Ausmaß, mit dem dies alles nun bestätigt worden ist.

 

 

Ungünstige Rahmenbedingungen

Als ausgesprochen ungünstig erwiesen sich die Rahmenbedingungen, unter denen viele IT-Fachkräfte ihrer Arbeit nachgehen. Dazu gehört zum Beispiel, dass ihre Arbeit so kleinteilig geworden ist, dass der Zusammenhang zum Gesamtergebnis kaum noch erkennbar ist und folglich auch kaum persönlicher Erfolg erlebbar ist. Andererseits wird bei einem Misserfolg dieser Zusammenhang wiederum sehr schnell hergestellt. Beides sind geradezu klassische Bedingungen für die Entwicklung eines Burnoutsyndroms. Wenn dann noch weitere Belastungsmomente wie z.B. private Probleme oder eine erhöhte zeitliche Arbeitsbelastung dazukommen, dann ist der Energievorrat mitunter schnell aufgebraucht.

 

Nicht jeder erkrankt, aber…

Natürlich, auch unter ungünstigen Rahmenbedingungen erkrankt längst nicht jeder. Wer z.B. in einem starken sozialen Netz aufgehoben ist und auch die körperlichen Bedürfnisse wie Erholung und Bewegung ausreichend beachtet, ist deutlich weniger gefährdet. Und Leute, die darüber hinaus auch noch die Wertschätzung ihrer Vorgesetzten, Mitarbeiter und Kunden regelmäßig vermittelt bekommen, können auch zeitliche Belastungsspitzen in der Regel nur wenig anhaben, wie verschiedene andere Untersuchungen zeigen.

 

Doppelstrategie notwendig

Die Studie macht mehr als andere deutlich, dass eine Doppelstrategie notwendig ist, wenn wir die Burnoutproblematik auf breiter Ebene angehen wollen. Auf der einen Seite sind Konzepte gefordert, die auf der individuellen Ebene die Selbstreflexion fördern. In deren Zentrum sollte das Energiemanagement stehen, also die zwei Fragen, woher ein Betroffener seine Energie erhält und wie er sie verbraucht. Die Antworten sind sicher recht komplex und betreffen viele unterschiedliche Lebensbereiche. Aber darum kommt keiner herum, der in Zukunft stets genügend „Brennmaterial“ nicht „nur“ für seine Aufgaben, sondern auch für seine Lebensfreude zur Verfügung haben will.
Aber auch die oben erwähnten Rahmenbedingungen dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Sie können zwar vom Einzelnen oft nur wenig beeinflusst werden, von Auftraggebern und Firmenleitungen in der Regel aber schon. Nur die individuelle Verantwortung des Einzelnen (die zweifellos da ist) zu betonen, ohne Arbeitsstrukturen, Firmenkulturen und den Umgang zwischen den verschiedenen Akteuren im Branchenumfeld zu hinterfragen, ist dann einfach nur noch zynisch.

 

Gemeinsames Nachdenken… und konsequente Umsetzung der Ergebnisse

Was wir brauchen ist ein gemeinsames Nachdenken über die Bedingungen von Arbeitsfreude und Leistungserbringung unter einer langfristigen(!) Perspektive. Das gilt nicht nur für die IT-Branche, aber gerade auch für die IT-Branche. Und die konsequente Umsetzung der daraus erfolgten Erkenntnisse wird nicht nur den einzelnen Fachkräften zu Gute kommen, sondern letztendlich auch einen nicht geringen Einfluss auf die wirtschaftlichen Kennzahlen haben. Denn neben allen mit der starken Verbreitung des Burnoutsyndroms verbundenen menschlichen Tragödien, gehen damit auch immer häufiger große wirtschaftliche Probleme der Betriebe einher.

Markus Frey, LifeCoach, Köln
info(ät)stressfrey.de