Florence Chadwick war in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine herausragende Langstreckenschwimmerin. Ihre Schwimmgebiete lagen allerdings nicht in den olympischen Schwimmbecken, sondern in den offenen Ozeanen. Eines Tages machte sie sich auf, um von der Urlaubsinsel Catalina zum kalifornischen Festland zu schwimmen. 34 Kilometer lagen vor ihr. 34 Kilometer in trotz Hochsommers eiskaltem Wasser. Außerdem waren da noch die Haie, die der jungen Frau das Leben schwer machten und die von den Menschen in den Begleitbooten immer wieder vertrieben werden mussten. Und dicker Nebel, der sie kaum die neben ihr schwimmenden Begleitboote sehen ließ.

Das Schlimmste war aber die eisige Kälte des Wassers zwischen Catalina und Long Beach. Über 15 Stunden nachdem sie ins Wasser gestiegen war, bat sie, steif vor Kälte, dass man sie aus dem Wasser ziehen sollte. Ihre Mutter, die in einem der Begleitboote war, versuchte sie zum Weitermachen zu überreden, da die Küste schon ganz nahe sei. Aber sie ließ es nicht zu und schließlich gaben ihre Begleiter nach und zogen sie aus dem Wasser des Pazifiks.

Der Schock kam danach. Sie hatte kaum 1,5 Km vor dem Ziel aufgegeben. Den Journalisten sagte sie: “Wenn ich wirklich gewusst hätte, wie nah ich war, ich hätte nicht aufgegeben. Wenn ich nur die Küste gesehen hätte. Aber alles, was ich sah, war Nebel. Es hat alles genauso ausgesehen, wie da, als ich mein Vorhaben begann. Wenn ich die Küste gesehen hätte… ich hätte es geschafft.

Wie ist das mit deinen Zielen? Kannst du diese klar benennen? Nicht nur für diese Saison, die für so manche mit nationalen Meisterschaften, den Olympischen Spielen oder anderen Höhepunkten schon bald vorbei ist, sondern auch für die nächste oder gar darüber hinaus? Und nicht nur die großen Ziele, sondern auch die Trainingsziele für heute, diese Woche, die nächsten zwei Monate? Oder sind diese Ziele alle auch im Nebel verschwunden und du kannst sie kaum noch erkennen?

Florence Chadwick versuchte es übrigens einige Zeit später ein zweites Mal. Es war wieder neblig. Aber diesmal packte sie die Strecke. Sie hatte ihr Ziel im Kopf! Die Klarheit des Ziels war also stärker als der Stress der auch diesmal nicht idealen Bedingungen.

Viel Spaß und Kraft beim trainieren und wettkämpfen wünscht,

Markus Frey