ansageKeine Frage: auch nach Abzug so mancher Übertreibung sind die Zahlen bzgl. der Verbreitung des Burnout-Syndroms wirklich dramatisch. Erst vor wenigen Tagen hat der Bundesverband der Betriebskrankenkassen auf diesen beunruhigenden Sachverhalt hingewiesen. Da ist der Impuls „Da muss man doch was dagegen machen“ nur zu verständlich.

 

Ein neues Gesetz muss her

Dieser Impuls kam auch bei der IG Metall an. Von ihr ging die Initiative zu einer neuen Antistress-Verordnung aus, die die Beschäftigten u.a. vor der ständigen Erreichbarkeit durch Smartphones schützen soll. Außerdem werden Vorgaben für die Gestaltung von Arbeitsaufgaben, Arbeitsorganisation, sozialen Beziehungen, Arbeitsplatz- und Umgebungsbedingungen sowie der Arbeitszeit formuliert. Dieser Impuls wurde von den SPD-geführten Bundesländern aufgenommen, die schon im vergangenen Jahr eine entsprechende Gesetzesinitiative im Bundesrat eingebracht haben und sie nun, mit den neuen Mehrheitsverhältnissen nach der Niedersachsenwahl, erneut durchsetzen wollen.

 

Der richtige Weg zum Ziel?

Sicher, kein Mensch ist ohne Ende belastbar und es mag durchaus sinnvoll sein, den einen oder anderen Überbordungen einen gesetzlichen Riegel vorzuschieben. Trotzdem bin ich in Bezug auf die Wirkung des Gesetzes eher skeptisch. Erstens weil wir erkennen müssen, dass es kaum mehr als ein Tropfen auf einen ganz, ganz heißen Stein sein kann und zweitens weil ich die große Befürchtung habe, dass wir uns damit in einer Sackgasse verrennen, in der wieder einmal die einen rufen „Die Arbeitgeber sind schuld“ und die anderen „Das ist doch letztlich eine rein individuelle Sache“ widersprechen. Und das ist so in etwa das letzte, was wir für eine nachhaltig wirksame Burnoutprävention brauchen können.

 

Wir sitzen alle in einem Boot

Burnout ist sowohl in seinen Ursachen, als auch in seinen Auswirkungen ein äußerst vielschichtiges Problem. Und vor allem gibt es vielfache Wechselwirkungen zwischen dem Einzelnen und seiner Umwelt, die mitentscheidend sind und da kommt nun einmal der Arbeitsumwelt eine besonders hohe Bedeutung zu. Schon von daher ist es äußerst bedauerlich, dass es in den vergangenen Tagen offenbar nicht gelungen ist, eine gemeinsame Erklärung von Arbeitgebern und Gewerkschaften zu verabschieden. Über die Gründe des Rückzugs der Arbeitgeber können wir derzeit nur spekulieren, von daher sollten wir zurückhaltend sein, was erneute Schuldzuweisungen anbelangt. Wie gesagt, damit kamen wir noch nie und kommen wir auch in Zukunft nicht weiter.

Klar muss uns allerdings eines sein: wenn wir es nicht hinkriegen, eine (Arbeits-)welt zu schaffen, in der sich die Menschen selbst und gegenseitig wertschätzen, in der jeder Einzelne genauso wie die Firmen, Organisationen und Verwaltungen sinn- und werteorientiert denken und handeln und in der persönliche und Firmenziele aufeinander abgestimmt werden… so lange werden wir mit hohen Burnoutraten leben müssen. Und zwar mit allen Folgen, die sowohl für die Direktbetroffenen als auch für die Gesellschaft als Ganzes (insbesondere die Wirtschaft) immens sind.

Markus Frey
stressfrey(ät)gmail.com

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