Mehr denn je waren die Themen „Stress“ und „Burnout“ in der ersten Jahreshälfte Reizthemen, sowohl in den Talkshows der unterschiedlichen Fernsehsender als auch in sonstigen Medien und nicht zuletzt im Parlament. Während die einen wie Arbeitgeber-Präsident Hundt darauf beharrten, dass Stress und Burnout in erster Linie private Probleme seien, die auch privat gelöst werden müssten, machten andere primär das Wirtschaftssystem an sich verantwortlich.
Mangelhaftes Gesundheitsbewusstsein
Argumente gibt es für beide Positionen zuhauf. So gibt es zwar seit Jahren einen Gesundheitsboom, der aber nicht verhindert, dass die Zahlen zu verschiedenen Wohlstandskrankheiten mehr und mehr durch die Decke gehen. Hier sind insbesondere Krankheiten zu nennen, die in Zusammenhang mit Fehlernährung und Bewegungsarmut stehen, insbesondere Diabetes. Dass das mangelhafte Gesundheitsbewusstsein und –verhalten weiter Kreise der Bevölkerung auch auf die Stressresistenz einen großen Einfluss hat, ist dabei unbestritten.
Systembedingte Überforderung
Andererseits lässt sich auch kaum verleugnen, dass eine „Vogel-friss-oder-stirb“-Kultur in den Betrieben, Krankenhäusern, Verwaltungen etc. ebenfalls weitverbreitet ist. Die Zutatenliste, die auch zu immer mehr Stress am Arbeitsplatz und der stetig steigenden Zahl an Krankheitstagen aufgrund psychischer Probleme führt ist lang, u.a. finden sich darauf: grundsätzliches Misstrauen gegenüber den Mitarbeitern, Mobbing, „Nichts-gesagt-ist-genug-gelobt“-Mentalität, dauernde Erreichbarkeit, weitgehende Zergliederung der Arbeit. Natürlich ist sie längst nicht vollständig, es könnte noch vieles aufgeführt werden.
Alle sitzen im gleichen Boot
Etwas sarkastisch könnte man sagen, wenn alle aufeinander zeigen, hat jeder Recht. Denn jeder kann seine Anschuldigung gut begründen. Doch eines muss uns auch klar sein: Damit verfestigen wir nur den Status quo. Und dieser Status quo bedeutet nicht eine konstant bleibende, sondern eine weiterhin stetig(!) wachsende Zahl an Berufstätigen, die unter stressbedingten Gesundheitsproblemen leidet. Das ist schlimm für jeden Einzelnen. Und für jede Firma, ob kleiner mittelständischer Betrieb oder Großkonzern, eine Zeitbombe, die enorme Folgekosten nach sich zieht.
Ich habe zu Beginn dieses Artikels auf eine ziemlich umstrittene Meinung des Arbeitgeberpräsidenten hingewiesen und möchte ihn nun mit einer Erkenntnis desselben Mannes aus dem Jahr 2002 schließen, die ohne Zweifel heute mehr denn je gilt: „Nur in einem gesunden Umfeld lassen sich Geschäfte machen!“
Nicht nur dieser, aber auch dieser Grund sollte es eigentlich ausreichend wert sein, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam für eine gesunde Arbeitswelt einsetzen.
Markus Frey, Life-Coach
frey(at)stressfrey.de
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