Ich erinnere mich an einige Referate, die ich in der Schule zu halten hatte. An jenes eine im März 1979 mit dem Titel „Über die Sicherheit von Atomanlagen“ aber ganz besonders. Dass mein damaliger Deutschlehrer erklärter Atomkraftgegner war, hat meinen Ehrgeiz nur um so mehr angespornt. So habe ich also über Sicherheitssysteme und –vorschriften referiert und mit Überzeugung die Meinung vertreten, dass wir die Atomkraft benötigen und Sicherheitsprobleme genauso zu beherrschen seien, wie die Lagerung der radioaktiven Abfälle.

Wenige Tage vor den Osterferien passierte dann, was meiner Ansicht nach nicht passieren konnte (obwohl es, was ich auch damals schon wusste, in einer schweizerischen Versuchsanlage schon einmal passierte). Im amerikanischen Harrisburg kam es in einem großen Atomkraftwerk zu einer partiellen Kernschmelze und die Welt ist ziemlich knapp an einer großen Katastrophe vorbeigeschrammt. Mit meinem Deutschlehrer musste ich mich nicht mehr auseinandersetzen, da unser Schuljahr damals mit den Osterferien endete und ich danach die Schule wechselte. Trotzdem hat „Harrisburg“ für mich (und sicher nicht nur für mich) damals zu einem starken Umdenken geführt.

Was das alles mit dem Hauptthema dieses Blogs, Stress und Burnout, zu tun hat? Auf den ersten Blick nicht viel. Und doch gibt es einen Zusammenhang. Und ich meine damit noch nicht einmal, dass der Begriff „Burnout“ ja tatsächlich aus der Kernphysik stammt und dort das Durchbrennen der Brennstäbe meint. Ich sehe die Schnittmenge vor allem darin, dass hier wie dort die Grenzen, die die Natur uns setzt, nicht beachtet werden. Im Großen lassen wir uns (immer noch) von einem Machbarkeitswahn verführen und müssen doch erkennen, dass selbst eine führende Technologienation wie Japan nicht in der Lage ist, die in einem Kernreaktor wirkenden Kräfte vor anderen enormen Naturkräften wie jenen eines Erdbebens zu schützen. Und im individuellen Bereich geraten u.a. immer mehr Menschen deshalb in einen Burnout, weil sie den Zusammenhang von Leistungserbringung und Erholung nicht akzeptieren wollen und dieses Erholungsbedürfnis so lange ignorieren, bis auch ihre persönlichen „Brennstäbe“ durchbrennen.

Genauso wenig wie ein Kernkraftwerk ohne Kühlungssystem arbeiten kann, kann jeder einzelne von uns ohne ein Erholungssystem arbeiten. In beiden Fällen muss die Funktionsfähigkeit dieser Systeme auch in Extremsituationen gewährleistet sein, sonst kommt es zum Burnout. Ich wünsche mir, dass die schlimmen Ereignisse in Japan genauso zu einem Umdenken führen, wie die Tatsache, dass nach wie vor eine zunehmende Zahl von Menschen von einem „Burnout“ direkt oder indirekt betroffen sind.
Markus Frey, Life-Coach
frey(at)stressfrey.de