„Ich komme mir vor wie eine Marionette. Stress am Arbeitsplatz, Stress zu Hause, Stress im Verein. Mein ganzes Leben ist fremdbestimmt, ich bin nicht mehr Herr im eigenen Haus.“ So oder ähnlich klingen viele Klagen von Zeitgenossen, die unter übermäßigem Stress leiden und den Eindruck haben, dass sie nur noch hin- und hergeschubst werden.

 

Beschränkungen gehören zum Leben

Nun muss uns klar sein, dass ein gewisses Maß an Beschränkung bzw. Fremdbestimmung zu jedem Leben dazugehören, auch zum unabhängigsten. Mit zunehmendem Lebensalter nehmen die Optionen ab und nicht nur wer sich entscheidet, zu heiraten und das Wagnis Elternschaft einzugehen, weiß, was es heißt, nicht mehr alles wahrnehmen zu können, was das Leben so bietet.

 

Der gefühlte Grad der Fremdbestimmung

Entscheidend ist der Grad der Fremdbestimmung. Und zwar nicht, wie man meinen könnte, der objektiv vorhandenen Fremdbestimmung, sondern der gefühlten Fremdbestimmung. Es ist diese gefühlte Fremdbestimmung, die darüber entscheidet, wie „stressig“ eine Lebenslage empfunden wird oder nicht. Und selbst in Situationen extremer Fremdbestimmung gibt es große Unterschiede in der gefühlten Fremdbestimmung.
Deutlich wird das z.B. an Dietrich Bonhoeffer. Der evangelische Theologe war während des dritten Reiches im weiteren Kreis der Widerstandskämpfer des 20. Juli und wurde kurz vor Kriegsende hingerichtet. Während seiner Gefangenschaft schrieb er das später berühmt gewordene Gedicht „Wer bin ich?“, aus dem die folgenden zwei Zeilen stammen:

„..sie sagen mir oft, ich träte aus meiner Zelle,
wie ein Gutsherr aus seinem Schloss.“

Es gibt wohl kaum einen Ort, der von größerer äußerer Beschränkung geprägt ist, wie ein Gefängnis eines totalitären Staates. Doch selbst in dieser extremen Situation äußerer Fremdbestimmung gab es offenbar Menschen, die in einer Art von innerer Freiheit lebten und sich so ein hohes Maß an Selbstbestimmung erhalten konnten. Ähnliches berichtete der große Psychologe Viktor Frankl, der in den Konzentrationslagern des dritten Reiches seine ganz Familie verlor und selbst nur knapp mit dem Leben davon kam. Er betonte stets, dass es selbst in den menschenverachtenden Umständen des KZs ein „so oder so“ gab.

 

Von der geistigen Selbstbestimmung…

Sicher, die zwei erwähnten Männer waren Ausnahmen. Trotzdem zeigen sie durch ihr Beispiel auf, dass es in allen Situationen möglich ist, ein hohes Maß an innerer Souveränität, von geistiger Selbstbestimmung zu bewahren. Und bei allen Schwierigkeiten, die auch uns das Leben richtig schwer machen können, müssen wir doch eingestehen, dass unsere Beschränkungen weitaus geringerer Natur sind, als diejenigen, mit denen sich Bonhoeffer und Frankl konfrontiert sahen. Ihre geistige Selbstbestimmung, die Selbstbestimmung über ihre Gedanken, war praktisch alles, was ihnen noch geblieben ist.

 

…zur umfassenden Selbstbestimmung

Doch wir haben das große Glück, dass wir heute in den deutschsprachigen Ländern Europas in großer äußerer Freiheit leben und (unter der Voraussetzung, dass wir keine schwereren Gesetzesübertretungen begangen haben) in unserer äußeren Bewegungsfreiheit in der Regel wenig eingeschränkt sind. Aus diesem Grund können wir von diesem Punkt der geistigen Selbstbestimmung auch zu einer umfassenden Selbstbestimmung gelangen. Eine Selbstbestimmung, die zwar nicht total ist, denn wie schon eingangs erwähnt ist jeder gewissen Beschränkungen unterworfen. Aber doch so umfassend, dass wir weitere Schritte gehen und selbstbestimmte Entscheidungen treffen können.

 

Das Gesundheitsförderungsprogramm „Selbstbestimmt im Stress“

Einer der Hauptgründe, warum so viele Menschen mit allen Arten von Entscheidungen so große Schwierigkeiten haben, ist, dass sie nie formuliert haben, wohin sie mit ihrem Leben als Ganzes wollen. Und weil sie das nicht wissen, fehlt ihnen auch für viele kleinere Entscheidungen der Maßstab, was wiederum sehr viel Stress im Alltag verursacht.
Im Gesundheitsförderungsprogramm „Selbstbestimmt im Stress“ steht aus diesem Grund die Erarbeitung des persönlichen(!) Lebens- und Arbeitssinns, der persönlichen Ziele und der Konkretisierung der Werte ganz am Anfang. Erst danach werden auch die Umstrukturierung stressverschärfender Gedanken geübt, Ernährungstipps gegeben, Entspannungstechniken erlernt usw. Dieses Programm ist die Grundlage aller Veranstaltungen des StressFrey-Instituts, insbesondere auch der Seminare und der Coaching-Angebote.

 

Mut zur Selbstbestimmung

Der Weg zur Selbstbestimmung ist nicht immer leicht, das ist sicher richtig. Manchmal haben wir es mit äußeren Widerständen zu tun, mindestens so oft aber auch mit inneren (schönen Gruß vom Schweinehund). Aber wenn wir lernen, unserem Leben einen Sinn zu geben, unsere Ziele in den Blick zu nehmen und konsequent nach unseren Werten zu leben und zu arbeiten, werden wir einen sehr großen Gewinn daraus ziehen. Insbesondere auch einen Gewinn für unsere Gesundheit.

Markus Frey, Life-Coach, Köln
info(at)stressfrey.de