Viele Möglichkeiten der österreichischen Stabhochspringerinin Kira Grünberg wurden bei einem schweren Trainingsunfall auf Null reduziert. Nicht dazu gehören die Möglichkeiten, ein sinn- und wertvolles Leben zu führen, sie sind unverändert hoch. Das zu erkennen ist für sie jetzt die erste Herausforderung, die es zu meistern gilt. Eine Herausforderung, der auch wir Nichtbehinderte uns stellen sollten…

 

Unsere Möglichkeiten sind unterschiedlich…

Unsere Möglichkeiten sind sehr unterschiedlich, daran kann kein Zweifel bestehen. Manche haben mehr Geld als andere, unsere körperliche Kraft ist genauso wenig „demokratisch“ verteilt, wie die intellektuelle Begabung. Manche haben auch beste Ausbildungen genießen können, während andere schon froh waren, dass sie lesen, schreiben und rechnen gelernt haben. Und das Leben eines Tetraplegikers, eines an allen Gliedmaßen gelähmten Menschen, ist mit Sicherheit ein Leben, das mehr Beschränkungen unterworfen ist, als es sich die meisten von uns auch nur im Ansatz vorstellen können. Es ist nun Kira Grünbergs große Lebensaufgabe, mit Hilfe anderer Menschen zu lernen, mit diesen Beschränkungen umzugehen und diese Lebensaufgabe zu meistern.

 

…nicht aber das Potential, ein sinn- und wertvolles Leben führen zu können

Entgegen der Meinung vieler Schreiber von Leserbriefen und Postings in den sozialen Medien gehört aber eine Sache definitiv nicht zu den Dingen, die durch den Verlust der Bewegungsfähigkeit (oder sonstiger Funktionen) ebenfalls mit beeinträchtigt wird: die Möglichkeit ein sinn- und wertvolles Leben zu führen!

Klar, ein Schicksalsschlag wie eine Halswirbelfraktur mit darauffolgender Querschnitt-lähmung erschüttert jeden Betroffenen erstmal in seinen Grundfesten. Sportler mag es dabei vielleicht insofern noch härter treffen, als das, was bisher alles beherrschender Lebensinhalt war, nicht mehr möglich sein wird. Doch nun ist es entscheidend wichtig, zu unterscheiden zwischen dem, was bisher Lebensinhalt war und Lebenssinn „an sich“. Der bisherige Lebensinhalt wurde genommen, Lebenssinn kann nicht nur, aber gerade auch in der Bewältigung des Schicksals (neu) gefunden werden.

 

Verkürzte Sicht

Viele Menschen binden ihren Lebenssinn grundsätzlich und ausschließlich an ihre physischen Möglichkeiten. Das mag auf den ersten Blick verständlich sein, ist aber dennoch eine verkürzte Sicht. Sie führt quasi zwangsläufig zu einer Lähmung des Denkens. Wenn nicht durch eine schwere Krankheit oder einen tragischen Unfall, dann spätestens durch das Schwinden der körperlichen Kräfte im Laufe des Alterungsprozesses. Deshalb profitiert derjenige am meisten, dessen Lebenssinn und -aufgabe größer ist, als das, was er selbst tun kann, ja, dessen Lebenssinn sogar über seine eigene Existenz hinausweist. Solch ein Lebenssinn verleiht auch in der Krise eine Lebensenergie, die derjenige, der solch einen Lebenssinn nicht formulieren kann, kaum erfahren wird.

Ich wünsche uns allen, dass wir das Haus unseres Lebenssinns nicht auf sandigen, sondern auf felsigen Untergrund bauen. Ein Untergrund, der dieses Haus auch in Krisenzeiten nicht so schnell einstürzen lässt,

Ihr Markus Frey, Life-Coach, Köln
info(at)stressfrey.de