Ostern und mentale Gesundheit – vielleicht nicht gerade eine Kombination, die Sie als auf der Hand liegend betrachten, nicht wahr? Doch wenn wir unseren Blick von Osterhasen, Eiersuchen etcetera ein bisschen weg- und zu der österlichen Kernbotschaft hinwenden, dann wird der Zusammenhang von Ostern und mentaler Gesundheit relativ schnell klar. Diese Kernbotschaft von Ostern ist die Botschaft von der Vergebung.

 

Vergebung und mentale Gesundheit

Wie eng dieser Zusammenhang zwischen Vergebung bzw. Ostern und mentaler Gesundheit ist, wurde mir zum ersten Mal bei einem Vortrag eines Professors für Arbeitspsychologie vor über 30 Jahren klar. Den ganzen Rest des Referats habe ich weitgehend vergessen, nicht aber diese eine, etwas plakative Aussage: „Wir könnten ein Drittel der Patienten in unseren psychiatrischen Kliniken sofort nach Hause entlassen, wenn sie denn vergeben könnten“ meinte er.

Ich habe damals schon erste Erfahrungen als Coach gesammelt, gerade auch solche von Unversöhnlichkeit und sich daraus ergebenden Wirkungen auf die mentale und schließlich auch auf die physische Gesundheit einiger Coachees. Auch Beobachtungen im persönlichen Umfeld bestätigten die Aussagen des Professors. Unvergessen ist zum Beispiel der Wutausbruch einer Tante, die mir mit höchster Erregung und wütender, lauter Stimme eine Begebung aus der Frühzeit ihres Berufslebens widergegeben hat… mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Geschehnis. Ich hatte wirklich Sorge, dass sie noch auf dem Sofa einen Herzinfarkt erleidet und wirklich große Mühe, sie wieder zu beruhigen.

 

Energiefresser Unversöhnlichkeit

Die Tante ist vor einigen Jahren gestorben, aber längst weiß ich, dass sie leider ganz und gar kein Einzelfall ist. Unzählige Male haben mir in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten unterschiedliche Menschen gezeigt, was für ein gewaltiger Energiefresser der Hass, das Nachtragen und die Unversöhnlichkeit ist. Die häufig darauf folgende Verbitterung macht viele von ihnen an Leib und Seele krank und zieht sie wie ein großer Rucksack voller Wackersteine nach unten. Wackersteine von negativen Erfahrungen, die sie irgendwann im Laufe ihres Lebens gemacht haben. Erfahrungen, die oft Jahre und nicht selten, wie bei meiner Tante, sogar Jahrzehnte später das Leben der Betroffenen immer noch stark beschweren und es verhindern, dass sie ihr Leben als wert- und sinnvoll erleben können. Das muss nicht sein!

 

„Verständlich“ heißt noch lange nicht „gut“

Dabei will ich keineswegs vorgeben, dass es nicht unverständlich wäre, dass das Vergeben zuweilen sehr, sehr schwer fallen mag. Dass der Mensch „des Menschen Wolf“ und zu schlimmen Dingen fähig ist, ist leider eine Tatsache, vor der wir nicht die Augen verschließen dürfen. Trotzdem dachte ich schon oft bei mir selbst, dass viele Menschen schon aus egoistischen Gründen vergeben sollten. Denn was durchaus verständlich sein mag, ist allzu oft noch lange nicht gut.

Dieser Meinung war offensichtlich auch der große Psychologe Viktor Frankl. Er hat fast seine ganze Familie in den Konzentrationslagern des dritten Reiches verloren und selbst nur knapp überlebt. Trotzdem ist er zunächst in Österreich geblieben und weigerte sich stets (d.h. schon unmittelbar nach der Befreiung aus seinem letzten KZ), von der „Kollektivschuld“ der Deutschen zu sprechen. Und schon im Konzentrationslager hat er erkannt, dass der Hass ihm die Lebensenergie rauben würde, die er zum Überleben so dringend benötigte.

Die Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind, mögen andere sein, aber Lebensenergie und Resilienz sind auch heute noch entscheidende Ressourcen. Ressourcen, die immer mehr Menschen abhanden kommen, wie nicht nur die epidemische Ausbreitung des Burnoutsyndroms zeigt. Und auch bei so manchem Burnoutbetroffenen bzw. –gefährdeten habe ich schon den Eindruck gehabt, dass er viel mehr Energie zur Bewältigung seiner Anforderungen zur Verfügung gehabt hätte, wenn er denn vergeben könnte. Wenn dann zur Unversöhnlichkeit noch irgendein Belastungselement dazukommt… ist der Burnout tatsächlich oft nicht mehr weit. Auch aus diesem Grund ist es äußerst lohnenswert, in diesen Tagen mal um den Zusammenhang von Ostern und mentaler Gesundheit nachzudenken und noch besser, daraus entsprechende Denk- und Handlungskonsequenzen zu ziehen.

 

Ostern als Wegweiser zur mentalen Gesundheit

Am Sonntag ist Ostern. Im Zentrum des wichtigsten Festes der Christenheit steht die Botschaft von der Vergebung. Nicht nur wegen unserer mentalen Gesundheit und unserer Lebensenergie aber gerade auch deswegen wäre es doch eine großartige Sache, wenn wir uns davon inspirieren ließen, vergeben zu lernen und Vergangenes dort zu lassen, wo es hingehört: in der Vergangenheit.

Dass Sie auch durch gelebte Vergebungsbereitschaft die Erfahrung machen dürfen: „Spitzenenergie… auch morgen noch!“ wünscht Ihnen

Ihr Markus Frey

 

PS Lesen Sie auch: „Mentale Gesundheit und die neun Kernfacetten des Bewusstseins“ (Hier klicken!)