Die Nazi-Verbrecher haben ihm alles genommen: seine Eltern, seinen Bruder, seine Frau und natürlich auch seine Stellung als anerkannter Neurologe und Chefarzt. Als er Ende April 1945 von der US-Army in Türkheim (einem Außenlager des Konzentrationslager Dachau) befreit wurde, wog er gerade noch 39 Kilo. Dem Tod ist er mehrmals nur durch außergewöhnlich glückliche Umstände entkommen.

 

Der Wille zum Sinn

Niemand hätte sich gewundert, wenn Viktor Frankl aufgrund dieser schlimmen Erfahrungen eine pessimistische Weltanschauung entwickelt und sie zur Grundlage seines weiteren Lebens gemacht hätte. Doch genau das Gegenteil ist eingetreten. Schon vor dem 2.Weltkrieg hat er erkannt, dass der Hauptantrieb der Menschen nicht ein Wille zur Lust ist, wie es Sigmund Freund so vehement vertrat. Auch einen Willen zur Macht, wie es Alfred Adler postulierte, hat er  als weniger bedeutsam gesehen. Diese zwei Motivationsfaktoren, so entgegnete Viktor Frankl (wie die beiden anderen ebenfalls ein Wiener und derjenige mit der größten praktischen Erfahrung) würden erst dann bedeutsam werden, wenn der Wille zum Sinn frustriert sei. Nichts sei für die Gesundheit eines Menschen wichtiger, als dass er sein Leben mit einem Sinn versehen könne.

 

Höhere Überlebenschance mit Sinn

Diese Erkenntnis fand er auch in den Konzentrationslagern des 3. Reiches vielfach bestätigt. Frankl beobachtete, dass gerade in dieser menschenverachtenden Umgebung, die durch kaum zu ertragende Einschränkungen und Demütigungen geprägt war, diejenigen, die ihrem Schicksal einen wie auch immer gearteten Sinn abgewinnen konnten, eine deutlich höhere Überlebenschance hatten, auch wenn Frankl darauf hinwies, dass die Überlebenden sehr wohl wussten: die Besten sind nicht zurückgekommen.

 

Verzicht auf Rachegedanken

Neben der Annahme der Herausforderung, auch in schlimmen Umständen Ja zum Leben zu sagen, beeindruckt das Buch auch durch den völligen Verzicht auf Rache- und Hassäußerungen. Schon unmittelbar nach dem Krieg nahm Frankl gegen die Kollektivschuld Stellung und argumentierte, dass es „nur zwei Rassen von Menschen“ gebe: Die Anständigen und die Unanständigen. Seine Botschaft war daher immer auch eine Botschaft der Versöhnung.

Allen, die sich mit der Frage nach dem Lebenssinn auseinandersetzen, möchte ich „…trotzdem Ja zum Leben sagen“ wärmstens ans Herz legen. Es ist ein zeitloses Stück Weltliteratur des 20. Jahrhunderts und gerade als Ostergeschenk hervorragend geeignet.

Markus Frey, Life-Coach, Köln
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